Die Welt des Wolfs

Ostern

ostern

1.

Ostern können wir heute anders begehen,
das Licht des Auferstandenen mit neuen Augen sehen,
wenn es leuchtet vor des schwarzen Todes Nacht
aus der sein Leben in uns erwacht.

Wir müssen nicht mehr einstimmen in den Chor,
der “Kreuzige ihn!” ruft in unserem Ohr,
mit offenem Herzen können wir ihn empfangen
und die Kraft seiner Liebe in uns erlangen.

Solange wir gefangen sind in der Sinne Ort,
sind wir taub für sein lebendiges Wort
und blind bleiben unsere Augen für die Sicht,
in der uns erscheint sein Weg zurück zum Licht.

Nicht ist es das Kreuz, auf das wir schauen
mit lähmender Angst und erstickendem Grauen,
sondern es sind die blühenden Rosen daran,
die Freiheit bringen aus dem versklavenden Bann.

Das neue Ostern ist die Wende
von des engen Menschenwinters Ende,
wenn aus dem Leid der vergangenen Nacht
der Frühling der Freude dee Wahren erwacht.

Es brennt der Stein der Kathedrale,
es stürzt das Dach der heiligen Halle,
öffne jetzt in deiner Mitte das Tor,
der lebendige Gott steht wartend davor.

Er will nicht mehr länger im Grabe liegen,
jetzt will er erwachen, kämpfen und siegen,
er will mit seiner göttlichen Kraft handeln
und alles zum Guten richten und wandeln.

Vorbei ist die Zeit des toten Gedenkens,
jetzt ist der Moment des aktiven Lenkens,
höre den Ruf, dein Name wird genannt,
folge ihm, nimm die Zügel fest in die Hand.

So wird Ostern zum Sieg über das Erstarren,
zur Zeit des Aufbruchs des Worts des Wahren,
das Heulen der drohenden Schatten ist vergebens,
das Kreuz des Todes wird zum Träger des neuen Lebens.

Erwache aus deinen Krusten, lass dich nicht länger lähmen,
das Drachentier in dir lässt sich jetzt zähmen,
erkenne deiner Sinne Verwirrung,
kehre zurück aus deiner Verirrung.

Richte dich auf und ergreife die leuchtende Waffe,
damit sie dir Freiheit aus der Finsternis schaffe,
blicke voraus, erkenne das helfende Heer,
das dir rettend entgegen kommt aus dem Wolkenmeer.

Aus dem leeren Grab erschallt das Wort:
"Das Leben ist nicht an diesem Ort!"
Gehe ihm entgegen, lass es in dich herein,
es wird dir Heilung und Neuerung sein.

2.

Ostern ist jetzt ein intimer Akt,
der nicht mehr die ganze Menschheit packt,
sondern nur noch den einzelnen erfasst,
wenn er sich löst von der äußeren Hast

und im Stillen der Ruhe das Wort findet,
das ihm von der Ankunft des Lichts kündet,
das aus dem Dunkel ersteht,
wenn einer seinem Urbild entgegen geht.

Wer entsagt dem sinnlichen Willen,
nicht mehr strebt nach äußeren Hüllen,
im Sterben die Auferstehung des Lebens sieht,
dem erfüllt die Osterfreude sein Gemüt.

Sie vertreibt der Ängste lautes Schallen,
vor dem, was passieren könnte beim Fallen
und ermutigt zum Vertrauen
den göttlichen Ursprung zu schauen,

in der aufgehenden Sonne strahlender Gabe
und sich zu erheben aus dem tiefen Grabe,
und das, was daraus auferstand
hinein zu legen in seine Hand

Die Furcht vor dem, was kommem mag,
wird überwunden an diesem lichten Tag,
die Nacht, die freies Handeln unterdrückt,
wird im Licht der aufgehenden Sonne erblickt.

Jetzt endet die Finsternis der langen Trennung,
es beginnt die Phase der Versöhnung,
die Kinder spielen ohne Streit,
die Eltern sind nicht mehr entzweit,

der Vater wird lebendig durch den sterbenden Sohn,
der Ihn ehrt auf seinem Thron
und in seinen Händen die Welt
im Innersten zusammen hält.

Mit seiner Liebe, die nicht fragt,
die freudig gibt und mutig wagt,
erfüllt er jeden seiner Brüder,
der ihn erkennt als Heiler und Hüter.

Vorbei ist die vergangene Not,
seine Hand reicht allen sein Brot,
dessen Kraft ewig währt,
in dem, der es verzehrt.

Den Kelch, gefüllt mit seinem Wein,
schenkt er dem üppig ein,
der sein Herz und seinen Mund
ihm öffnet in dieser Morgenstund.

Vorbei ist die Verlassenheit,
das kranke Herz öffnet sich weit,
es beginnt die neue Runde,
wohlauf denn, Mensch, gesunde!

Öffne das Grab der erstarrten Dinge,
auf dass das Werk gelinge
und aus den toten Hüllen
erstehe der Lebensgeister freier Willen.

3.

Wenn so das eigene zum anderen wird,
das Licht aus dem Dunkel hinaus führt,
dann kann, was fest war oder zerstreut,
sich kreisend bewegen wieder erneut.

Dieses innere Kreisen
wird seinem Träger weisen
den Weg, den er jetzt schreitet
und der ihn immer weiter leitet.

Es ist die zyklische Weise,
die ewig kreisende Reise
um die Mitte der lebendigen Quelle
als nie endende Welle.

Und dieser Ursprung will in dir entspringen,
sein Werk kann sonst nicht ganz gelingen,
du bist der Empfänger des rettenden Gutes
Und Spender ihrers heilenden Blutes.

Ausgehend von sich,
zum Du vom Ich,
und wieder zurück gekehrt
vom Feuer der Liebe genährt -

wen dieses Feuer wärmt in seiner Not,
in wen seine Kraft einzieht auch im Tod,
ersteht neu geboren aus Asche und Schutt
und alles wird gut.

4.

Hast du bis hier gelesen,
kannst du noch nicht genesen,
willst du dich heilen,
musst du noch verweilen.
darfst du nicht eilen

Wenn die Osterliebe ein Herz erfüllt,
dann ist dessen Bedarf noch nicht gestillt,
erst wenn es weiter gibt die Gabe,
kann es auferstehen aus dem Grabe.

Die Liebe ist ein köstliches Spiel,
sie kommt nicht zu einem, den sie bevorzugen will,
nur wer sie weiter gibt, dem ist sie wohl gesonnen,
nur wer sie für andere nützt, hat sie gewonnen.

Willst du verweilen, dann gehe voran,
willst du geliebt werden, dann liebe fortan,
willst du dich heilen, dann heile andere,
willst du bleiben, dann wandere.





menu-footer