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Die Welt des Wolfs


Das Wolfskind

Nicht nur ein Märchen



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1

Ein Wolf, schon krank und alt,
ging herum in einem Wald,
seine Kreise wurden kürzer und enger,
die Pausen dazwischen immer länger.

Von anderen Tieren wurde er gemieden,
sie trauten auch jetzt nicht seinen Tritten,
ihm war es recht, er blieb für sich allein,
ohne von ihnen behelligt zu sein.

Da sah er, mitten im langsamen Gehen,
einmal ein Wolfskind vor sich stehen,
ganz klein, aber mit leuchtendem Fell
stand es vor ihm da, ganz hell.

Er hielt überrascht inne
und dachte, ihn trügen seine Sinne,
denn in dem, was vor ihm erschien,
schaute er auf sich selber hin.

2

"Was tust du hier?" fragte der Wolf, von Staunen erfüllt.
"Ich bin dein lebendiges Ebenbild",
antwortete das Wolfskind, das ihm glich,
"wie du warst, so werde ich."

„Ich bin alt und ohne Zähne,
wie kommt es, daß ich mich in dir erkenne?“
„Was du getan hast, gestaltet mich,
dein Gutes wird in mir zu Licht.

Es ist die Liebe, die sich in dir regte,
die in mir die Kraft zum Fliegen weckte.“
Da schaute der Wolf das Kind genauer an,
tatsächlich, es hatte am Rücken zwei kleine Flügel dran.

Der Wolf war nie sparsam mit dem Bösen
und seine Liebe war nicht groß gewesen,
kein Wunder, war das Kind so klein,
wie sollte es auch anders sein.

3

„Bis jetzt hat dich dein Bauch geführt,
mit ihm hast du dich identifiziert,
doch was in diesen ging hinein,
das wird am Ende nur zu Stein.

Von deinem bösen Wollen bleibt nur
zurück eine steinerne Spur,
ich kann mich allein durch das erheben,
was du durch dein Herz bewegt hast im Leben.

Nur was am Ende deiner Zeit
sich aus der Schwere dann befreit,
kann sich in mir ins Freie erheben
und aus der Tiefe nach oben streben.

Nütze deine letzten Tage, bedenke, was geschieht,
überwinde, was dich hinunter zieht,
es ist nie zu spät zum Handeln,
bis zuletzt kannst du dich wandeln.

4

Sorge dich nicht um deinen leidenden Leib,
denke daran, was von ihm bleibt,
sehe dich in mir wie in einem Spiegel
durch dich werde ich groß und wachsen meine Flügel.

Was in dir Liebe ist, das trage ich zurück,
freue dich auf den letzten Augenblick,
deine alten Hüllen werden vergehen,
aber dein gutes Wesen, bleibt durch mich bestehen.

Klein kamst du aus fernem Land,
hier warst du nur als Fremder bekannt,
du hast deine Not frei und allein ertragen,
jetzt lass uns zusammen die Rückkehr wagen."

Dies war der Beginn einer langen Freundschaft
in der beide gemeinsam mehrten ihre Kraft,
der Wolf wollte dem Guten und der Liebe folgen,
das Kind wuchs und trug ihn hinauf über die Wolken.


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