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Die Welt des Wolfs

Der vierfache Tod


vierfacher-tod

Credit: Ladislav Záborský


1

Ein Mensch, der jedem anderen gleicht,
hatte beinahe sein Ende erreicht,
der Tod klopfte schon leise an die Tür,
da fragte er sich: "Was bleibt wohl von mir?"

Da trat ein schwarzer Schatten herein:
"Was kümmert dich dein künftiges Sein,
was du getrunken hast und gegessen,
das werden jetzt die Würmer fressen.

Vergiß, was an deinem Skelett hing,
das mit dir durch all die Jahre ging,
es war nur geliehen, wie ein Wagen,
um dich durch dein Leben zu tragen.

Du hast verbracht eine lange Zeit,
und wusstest, es dauert keine Ewigkeit,
jetzt ist vorbei die gewährte Frist,
mach dich fertig, damit du bereit bist."

2

Da stellte sich eine zweite Erscheinung vor,
wie ein Nebelbild kam sie aus dem Schatten hervor:
"Erschrecke nicht vor diesem harten Spruch,
was er sagt, das ist noch nicht genug.

In mir bleibt als Bewegungskraft erhalten,
was du Gutes getan hast und gestaltet,
ich war es, der deinen Leib bewegte,
und mich in dir lebendig regte.

Jeder Tanz bei einem Feste,
jede liebevolle Geste
und die Harmonie deines Handelns,
mehrten meine Kraft des Wandelns.

Weder stehen bleibend, noch hastig treibend,
stetig strebend und ausgeglichen lebend,
das war die Art, die mir gefiel
und die ich gerne bewahren will.“

3

Eine dritte, grau gekleidete Gestalt,
kam dann herein, nicht jung, nicht alt:
"Ich sammle von dir und nehme mit,
was zeitlos in dir entstanden ist.

Wenn du geliebt hast, ohne wenn und was,
aus wahrem Fühlen, nicht nur aus Spaß
und das Menschliche geteilt hast mit Deinesgleichen,
all das kann ich bewahren und weiterreichen.

Als deine Gefühle sich regten, frei von Lust
oder Mitleid sich rührte in deiner Brust,
dann habe ich mein Herz geweitet
und diese Schätze hineingeleitet.“

4

Da trat eine vierte Person hervor,
weiß gekleidet stand sie vor dem Tor:
"Du kennst mich, doch es ist Zeit, dass du mich spürst,
ich war der, welcher du bist und werden wirst.

Ich habe dich einst hierher gebracht,
und jeden Tag über dir gewacht,
jetzt gehen wir wieder zu der Sphäre hin,
aus der du stammst seit Anbeginn.

Halte nicht an dem Alten fest,
das jetzt bald vergeht und verwest,
besinne dich auf deine liebevollen Gesten
zur Freude der Menschen und ihrem Besten,

Erinnere dich an deinen guten Willen,
die Welt mit dem Wohl der Liebe zu füllen,
erkenne dich als Ich, jetzt und hier
und setze fort deinen Weg mit mir."

Da richtete der Mensch sich auf,
zu Ende war sein Lebenslauf
und begann zugleich erneut,
diesmal für immer in der Ewigkeit.



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