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Die Welt des Wolfs

Mensch sein



Credit: Lewis Hine, 1920



Ein Mensch ist heute überzeugt,
dass er das ist, was er von sich zeigt,
ein fertiges Produkt, vielleicht mit manchen Mängeln,
aber nur, wenn man ihn vergleicht mit Engeln.

Dabei vergisst er in seiner Annahme leicht,
dass er nicht einmal demjenigen noch gleicht,
der er war in früheren Jahren,
unreif und noch unerfahren.

Sieht er dagegen ältere Zeitgenossen an,
mit Zipperlein und ohne Zahn,
dann kann er seinen Widerwillen nicht verhehlen
und will diese Bild nicht als sein eigenes vor sich stellen.

Ist der Mensch nur einen Moment reif am Lebensbaum?
Dann vergeht er, wie im Herbst der Sommertraum?
Oder ist seine Anschauung beschränkt,
wenn er an sich selber denkt?

Würde ein Mensch, um sich zu erkennen,
nicht nur vor einen Spiegel rennen,
sondern sich als andauernde Baustelle begreifen,
dann könnte er zufrieden reifen

und sich im stetigen Werden sehen,
das eine vergeht, das andere ist im Entstehen,
dann wäre während seines Lebens Führen
in jedem Alter ein Fortschritt zu konstatieren.



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